Wo sollte gutes Lernen beginnen? Bei einem theoretischen Überblick – weil dann alles Details im Kontext stehen? Oder beim praktischen, detailreichen Ausprobieren – weil dann Erfahrungen den Geist stimulieren? Was braucht das Gehirn, um Informationen zu verarbeiten, zu vernetzen und kontextgerecht anwenden zu können? Ist es sinnvoll, sich auf den einen oder den anderen Weg festzulegen?
Wohl eher nicht. Denn Prinzip Nummer 6 der 12 zentralen neurodidaktischen Prinzipien nach Renata Numella Caine bringt auf den Punkt, dass unser Gehirn Informationen in Teilen und als Ganzes gleichzeitig verarbeitet. Der Überblick, in NLP-Sprache großer Chunk genannt, bleibt abstrakt, wenn er sich nicht mit detailreichen, kleinchunkigen Anwendungsbeispielen verknüpft. Umgekehrt können detailreiche Praxisanwendungen Einsteiger ohne Überblick schnell in überfordernde Lernsituationen bringen.
Als Beispiel für den gelungenen Tanz zwischen Überblick und Detail bietet sich insbesondere die NLP-Vorgehensweise beim Lehren an. In einer Praxisdemonstration durch den Experten wird eine Methode in ihrer Anwendung gezeigt. Die Teilnehmer verschaffen sich so einen lebendigen Überblick mit vielen Anwendungsdetails. Zudem sind sie Zeugen der Effekte, die sich mit der Methode erzielen lassen.
Ein Überblick über die Struktur der Methode leitet dann die eigene Praxisphase bzw. das Ausprobieren der Methode ein. Zu diesem Zeitpunkt ist dem Anwender der Nutzen vieler Details noch nicht bewusst. Doch das Üben liefert Feedbacks, die den Überblick über die Methode vertiefen und den Sinn für bislang unbeachtete Details schärfen. Weiteres Üben verfestigt Detailwissen und vertieft das Verständnis für den Aufbau des Prozesses und seine verschiedenen Anwendungskontexte.