Was ist eine Synästhesie?

In der NLP-Ausbildung lernen die Teilnehmenden, dass das Gehirn jeden einzelnen Sinnesschritt der Reihe nach abarbeitet. Ein visueller Reiz zum Beispiel geht nicht unmittelbar mit einem Gefühl einher, auch wenn dem persönlichen Eindruck nach die emotionale Einordnung beinahe zeitgleich mit dem Sehen erfolgt. Das Gehirn arbeitet prozedural.

Doch es gibt eine Ausnahme zu dieser Regel: Die Synästhesie. Bei etwa vier Prozent aller Menschen „verschwimmen“ zwei oder mehr Sinne und erzeugen so ein besonderes Welterleben. Vor allem von Künstlern ist dieses Phänomen in der Öffentlichkeit bekannt: Kandinsky beispielsweise hat seine Bilder gehört, Beethoven hat seine Musik in Bildern gesehen. Einer Studie zufolge waren über 25 Prozent der Studierenden an einer Kunstakademie Synästhetiker.

Synästhesie wird nach heutigem Forschungsstand in Familien weitergegeben, wobei unklar ist, zu welchem Anteil sie vererbt wird. Es sind ca. 60 Varianten der Synästhesie bekannt. Dazu gehören unter anderem die Verbindung von Farbe oder Klang mit Temperaturen („warmes Rot“, „kalte Töne“), das Umsetzen von Geschmäckern, Emotionen oder Farben in Formen („eckig“, „wolkig“) sowie die Verbindung von Bewegungen oder Farben mit Klängen.

Doch woran genau erkennt man eine Synästhesie, wo wir doch alle gewissermaßen metaphorsch Sinnesreize in Zusammenhang bringen können? Echte Synästhesien sind unwillkürlich und haben eine eindeutige Richtung. So können Menschen, die Klänge mit Farben assoziieren, nicht umgekehrt auf die gleiche Art Farben mit Klängen zusammenbringen.

Synästhetiker können außerdem den Original-Sinneseindruck von ihrem synästhetischen Gesamterlebnis unterscheiden. Sprich: Sie wissen, welches zusätzliche Sinneserleben ihr Gehirn selbst produziert. Da Synästhesie in der Öffentlichkeit nicht so bekannt ist, erfahren allerdings viele Synästhetiker erst spät im Leben, dass für die Mehrheit der Menschen ihre Art der Wahrnehmung ausgesproche ungewöhnlich ist.